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Zwischen Krieg und Euthanasie: Zwangssterilisationen in Wien 1940-1945

Posted By: lengen
Zwischen Krieg und Euthanasie: Zwangssterilisationen in Wien 1940-1945

Zwischen Krieg und Euthanasie: Zwangssterilisationen in Wien 1940-1945 by
German | 2009 | ISBN: 3205783212 | 342 Pages | PDF | 15 MB

Gleichsam ist es ein archäologisches Verfahren, die gesellschaftliche Aufarbeitung des Nationalsozialismus. Es werden Schichten abgetragen, die in zunehmendem Maße Umfang und Tiefe des Terrorregimes fassbar machen. Es wird aber nicht nur die Herrschaft des Nationalsozialismus aufgedeckt, sondern auch das größte Hindernis im Abtragen der Schichten selbst, nämlich das Weiterwirken von Strukturen des NS-Regimes in Personen, in dominanten Einstellungen zu gesellschaftlichen und politischen Ordnungssystemen. gesellschaftlichen und politischen Ordnungssystemen. Das Buch von Claudia Spring ist nicht nur eine Aufarbeitung und Analyse der Zwangssterilisationen in Wien 1940–45, sondern auch eine Analyse dieses archäologischen Verfahrens. Es konkretisiert und verdichtet daher: Die Geschichte des Nationalsozialismus endet nicht mit 1945. Gewiss gab es ein Ende von Vernichtung und Krieg und ein gesellschaftliches und historiografisches Bedürfnis nach einer Stunde Null. Je mehr jedoch die Geschichtswissenschaft nicht nur die „Epoche“ des Nationalsozialismus selbst, sondern diese über die Zeit nach 1945 hinaus erforscht, desto mehr gewinnt sie Einblick in den Aufbau der Schichten. Claudia Spring hat durch die Analyse der Biografien der Ärzte und Richter, die in den Erbgesundheitsgerichten tätig waren, Kontinuitäten aufzeigen können, die das Vor und Danach des Jahres 1945 miteinander verbinden. Die für die Zwangssterilisationen Verantwortlichen konnten ihre Karrieren, nach einer oft nur sehr kurzen Unterbrechung, oft fortsetzen; ja sie wurden in Einzelfällen auch mit staatlichen Auszeichnungen geehrt. Das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“, in der Ostmark 1940 eingeführt, wurde zwar in Österreich 1945 aufgehoben, aber damit wurde seine Intention nicht vollkommen abgelehnt. Das Menschenrecht auf die Freiheit von Zwang(ssterlisation) fand, wie Claudia Spring aufzeigt, keine politische Akzeptanz. Im Gegenteil, ein österreichischer Spitzenpolitiker sprach von einem berechtigten Interesse „jeder Volksgesamtheit erbkranken Nachwuchs zu verhindern“. Zwangssterilisierte Menschen wurden daher auch nicht als Opfer verstanden, denen die Republik Österreich eine Entschädigung schuldete. Erst 1995 bzw. 2005 wurde das Opferfürsorgegesetz dahin geändert.